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Buchrezension

Babel-17

Titelgrafik zum Buch

Verlag:
Goldmann-Verlag
ISBN:
3-442-25038-2
Seitenanzahl:
251
Preis:
7,95 Euro

Inhalt

Mitten in einem interstellaren Konflikt mit den sogenannten "Invasoren" fängt die Allianz der Erdenvölker einen Geheimcode ab, der, wie vermutet wird, von den Invasoren stammt. Die bekannte Dichterin und Sprachwissenschaftlerin Rydra Wong wird beauftragt, sich mit dem Code zu beschäftigen, der immer dann zu empfangen ist, wenn ein Sabotageakt auf die Allianz verübt wird. Anfangs hält Rydra "Babel 17" nur für eine fremde Sprache, die es zu übersetzen gilt. Doch bald entdeckt sie, dass es viel mehr ist als eine Sprache - es ist eine linguistische Geheimwaffe, ein Code in dem Wörter mehr als nur Namen für Dinge sind. Als sie erkennt, dass das nächste Angriffsziel der Invasoren das militärische Hauptquartier der Allianz ist, bricht Rydra mit einem Raumschiff ins All auf, um die Gegner aufzuhalten.

Kritik

Das Buch

1966 in New York erschienen, wurde "Babel 17" erst vierzehn Jahre später in der deutschsprachigen Übersetzung veröffentlicht. Und trotz seines beträchtlichen Alters von 35 Jahren erscheint der Roman an keiner Stelle veraltet oder naiv - "Babel 17" hätte genau so gut erst heute veröffentlicht werden können. Zu einem Klassiker der Sciencefiction macht ihn unter anderem auch, dass er mit dem "Nebula Award" ausgezeichnet wurde. Außerdem ist er auch ein klassisches Beispiel der amerikanischen New Wave der Sciencefiction, die zunehmend fortschrittskritische Tendenzen zeigte. Das "Thema" des Romans ist jedoch etwas völlig anderes...

Der Autor

Samuel R. Delany wurde 1942 geboren und wuchs in Harlem, New York, auf. Im Alter von zwanzig Jahren veröffentlichte er seinen ersten Roman. Delany wurde mehrmals mit dem "Nebula" und dem "Hugo Award" ausgezeichnet, unter anderem für "The Einstein Intersection" (1967) und "Babel 17", was zweifellos sein wichtigstes Werk ist. Die wahrscheinlich größte Auszeichnung, die ein Sciencefiction-Autor überhaupt erhalten kann, ist jedoch Arthur C. Clarkes ("Die letzte Generation", "Odyssee im Weltraum") folgende Aussage, die keinen Kommentar benötigt: "Samuel R. Delany ist der wahrscheinlich beste Sciencefiction-Autor aller Zeiten."

Der Hintergrund

Schon seit langem beschäftigt sich die (Meta-) Linguistik mit dem Zusammenhang zwischen der Sprache, dem Denken und der Logik. Noch immer sind viele Menschen der (falschen) Ansicht, dass das Sprechen nur "ausdrückt, was im wesentlichen bereits unsprachlich formuliert war." [...] "Das Denken hängt nach dieser Ansicht nicht von der Grammatik ab, sondern von Gesetzen der Logik oder Vernunft, die für alle Beobachter des Universums die gleichen sind und etwas Rationales im Universum repräsentieren, das von allen intelligenten Beobachtern 'gefunden' werden kann, gleichgültig ob sie Chinesisch oder Choctaw (*eine Indianersprache aus Oklahoma) sprechen." (aus B.L.Whorfs Beiträgen zur Metalinguistik und Sprachphilosophie)

In Wirklichkeit ist es jedoch so, dass die Sprache nicht nur ein Instrument zum Ausdruck von Gedanken ist, sondern die Gedanken formuliert und damit das Schema für das Denken des Individuums ist. Dies zeigt sich besonders deutlich, wenn man indoeuropäische Sprachen mit alten amerikanischen Indianersprachen vergleicht. Diese sind oft sehr viel weiterentwickelter, und unterscheiden sich besonders in der Grammatik so stark von unserer Sprache, dass ihre Ansicht der Umwelt und die logischen Schlüsse, die die Sprecher ziehen, sehr wohl stark von den unsrigen abweichen können.

Einen Text aus dieser Sprache zu übersetzen, wäre sehr schwierig, da die meisten Adjektive, Adverbien und Ergänzungen, die in unserer Sprache für das völlige Verständnis notwendig wären, sich beispielsweise im Hopi durch die Grammatik erklären. Noch interessanter ist der Gedanke an eine Sprache, in der kein "Ich" existiert. Es wäre dann sehr unwahrscheinlich, dass ein Individuum ein "Ich"-Bewusstsein entwickelte. "Ich denke, also bin ich.", sagte Sokrates - er wäre ohne die Sprache nicht nur unfähig gewesen, diesen Gedanken zu formulieren, er hätte ihn ohne Sprache auch nie gehabt - erst die Sprache hat das Bewusstsein des Individuums "erfunden".

Da dieser Artikel aber (leider) nicht der Ort für einen seitenlangen Vortrag über Linguistik ist, möchte ich noch einmal auf "Babel 17" eingehen: Der Gedanke, dass es so eine "Sprache" tatsächlich geben könnte, ist faszinierend: In einer Szene, in der Rydra in Babel 17 denkt, ist es ihr alleine durch die Logik dieses Codes möglich, die Zielkoordinaten der sich bewegenden feindlichen Schiffe zu bestimmen und so eine Weltraumschlacht zu gewinnen. Mit den beschränkten Denkmöglichkeiten, die uns von unserer Sprache (und somit unserem Denken) auferlegt wurden, ist es uns nicht möglich, eine solche Sprache zu entwickeln.

Wir kennen nur ein Fundament, auf das man eine solche Sprache aufbauen kann: die Mathematik. Und bisher gibt es nur sehr primitive "Wesen", die diese Sprache wirklich beherrschen und in ihr "denken": Die Computer. (Als Delany "Babel 17" schrieb, gab es noch keine Mikroprozessoren.)

Einer künstlichen Intelligenz wie "Star Trek"s Data wäre es also nur begrenzt möglich, sich wirklich mit uns zu verständigen. Er müsste jede für ihn klare und absolut logische Aussage a là 345235 * N + z (u.U. in Abhängigkeit von Fgh) * 456 Jk / s = 4546 % * Dd / a in unsere primitive Sprache mit ihrer teilweise unsinnigen Logik "übersetzen". Ihr Gehirn hat sehr viel mehr Speicher- und Rechenkapazität als Ihr PC - wenn Sie anstatt auf Deutsch in einer Maschinensprache dächten, wären Sie fähig, mir in Sekundenschnelle das die obengenannten Gleichung für N=666 , z=13,567 , Jk= z / 24 , s=0,0876 und a=2 nach Dd aufzulösen. (Versuchen Sie das mal!) (Informatik- und Mathematik-Studenten vor!)

Wenn auch mit einigen Abschweifungen (*g*), letztendlich komme ich zu dem Schluss, dass Babel 17 ein verdammt gutes Buch über ein verdammt interessantes Thema ist. (Ein weiterer genialer Roman über die Sprache und das Denken ist H. Eisendles "Jenseits der Vernunft - oder Gespräche über den menschlichen Verstand".)

Artikel geschrieben von Katrin Räuber (kr); aktualisiert am 06.11.2004