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'Deep Space Nine'(-Fans) - die Vergewaltigung von 'Star Trek' hat einen Ursprung

Von Shen Li

Zwei Kolumnen später kommen wir zur Frage, was der Ursprung für den Untergang von 'Star Trek' ist. Wo hat dieser Prozess seinen Anfang genommen? Man muss nicht lange suchen, um die Serie 'Deep Space Nine' als Übeltäter ausfindig zu machen. Diese Serie hat sich bewusst von den 'Star Trek'-Werten abgewendet. Zwar mit der Absicht, etwas Frische ins Franchise zu bringen, doch mit der Konsequenz, dass diese Frische auf Kosten der Qualität geht. Eine Kolumne über den Anfang des Untergangs von 'Star Trek' und welche Rolle die Fans dabei einnehmen.

Titelgrafik zum Focus

Hinweis

Um den dritten Teil der "Vergewaltigungs-Reihe" vollständig zu verstehen, sollten Sie die Vorgängerteile gründlich durchgelesen haben. Wie immer spiegelt jede Kolumne die Meinung des jeweiligen Redakteurs wieder und ist nicht repräsentativ für die Website.

Einleitung

Zur Zeit sprießen Serien, die mit ihren durchgehenden Handlungsbögen prallen, wie Pilze aus dem Boden. Bei "Star Trek" ist dies nicht anders. "Enterprise" löst sich mit ihrer dritten Staffel von dem Einzelepisoden-Konzept und serviert den Zuschauern einen durchgehenden, düsteren Handlungsbogen um die Xindi. Doch warum setzt "Star Trek" so auf Kontinuität? Was war der Auslöser, dass sich "Star Trek" so von ihrem Einzelepisoden-Konzept, das es so erfolgreich gemacht hat, gelöst hat? Warum ist "Star Trek" so düster geworden? Warum geht es in "Star Trek" nur noch um Krieg? Wo bleibt der Optimismus?

Die erbärmliche "Enterprise"-Serie ist der Ausgang einer Entwicklung, die einen Anfang gehabt haben muss. Kurzum: Warum ist "Star Trek" gegenwärtig so, wie es ist und wo hatte diese Vergewaltigung ihren Ursprung? Die Antwort: "Deep Space Nine" - diese Serie und vor allem ihre Fans haben erheblich zum Untergang des Franchise beigetragen.

Wo "Das nächste Jahrhundert" und "Raumschiff Voyager" pure "Star Trek"-Serien voller Optimismus sind, gibt sich "Deep Space Nine" wie der restliche Sciencefiction-Einheitsbrei: düster und kriegslastig. Doch warum war dies der Anfang vom "Enterprise"-Ende? In der folgenden Kolumne gehen wir dieser Frage tiefer auf den Grund und beleuchten dabei vor allem die Macht der Fans.

Immer die Last mit den Action-Knaben

Die Vergewaltigung von "Star Trek" begann wohl mit dem Start des Dominion-Kriegs in "Deep Space Nine". Während "Deep Space Nine" diesen Krieg mehr als vier Jahre streckt und die brutalsten Episoden in "Star Trek" hervorgebracht hat, stellte sich "Raumschiff Voyager" glücklicherweise gegen den Trend in der Sciencefiction zu mehr Düsterkeit und (leider) Kontinuität und kommt mit einer Glanzepisode nach der anderen in bester "Das nächste Jahrhundert"-Manier daher. Die Nachfolgeserie "Enterprise" versuchte in ihren ersten beiden Staffeln vergeblich an den Erfolg von "Raumschiff Voyager" anzuknüpfen - viele Episodenremakes scheiterten ("Terra Nova" versus "Friendship One").

Mit dieser Action- und Kontinuitätsfixiertheit hat "Deep Space Nine" für "Star Trek" die furchtbarste Zuschauergruppe gewonnen, die im TV möglich ist: Action-Knaben, die keine Abwechslung in ihrem Leben haben und immer nur mehr Krieg und Gewalt und Tod und Blut sehen wollen - praktisch das Gegenteil von dem sehen wollen, was "Star Trek" nachwievor auszeichnet. Action-Knaben, die deshalb Kontinuität so schätzen, weil ihr Alltag langweilig geworden ist und sie daher im TV einen kontinuierlichen Ersatz dafür finden wollen. Action-Knaben, die zum Verfall von Sciencefiction allgemein beitragen, weil die Macher ihre Produkte auf diese zuschneiden. Die Macher geben sich keine Mühe mehr, sich jede Woche etwas Neues einfallen zu lassen, sondern strecken stattdessen einen Handlungsstrang mit einer bekannten Story ewig in die Länge. Und im Falle "Deep Space Nine" doch tatsächlich eine ganze Serie lang!

Da diese erwähnten, nutzlosen Action-Knaben sehr werberelevant sind - zu irgendetwas müssen sie ja gut sein - und die Produzenten eben ihre Serie auf diese ausrichten, sprich mehr Kontinuität, mehr Krieg, mehr Sex, massig Action einbringen - haben wir ihnen erst solchen Stuss wie "Andromeda", "Stargate", "Babylon 5" oder "Enterprise" zu verdanken.

Mit "Deep Space Nine" wurden so ziemlich alle "Das nächste Jahrhundert"-Fans verjagt und seit dem dominieren diese schrecklichen Action-Knaben von "Deep Space Nine" die "Star Trek"-Zuschauergruppe. Fatalerweise sehen die "Star Trek"-Produzenten darin die Zukunft und richten ihre "Enterprise"-Serie immer mehr auf diese suspekte Zuschauergruppe aus - was dabei verloren geht, ist Qualität und Einzigartigkeit von "Star Trek". Dies ist der Grund, warum keine neuen Zuschauer dazugewonnen werden können. Es wird lediglich die bestehende Zuschauergruppe - die Action-Knaben - glücklicher gemacht, die schon bei dem Begriff Kontinuität oder Krieg in Ekstase geraten. Gerade zu Zeiten des Terrors und des Kriegs sind aber Serien wie "Das nächste Jahrhundert" und "Raumschiff Voyager" viel willkommener!

Als "Skorpion" lief, kam schon die Befürchtung auf, in "Raumschiff Voyager" würde nun ein ähnlicher Kriegs-Arc mit der Spezies 8472 entwickelt werden und die Serie ihren "Star Trek"-typischen Optimismus verlieren. Welch eine Erleichterung, als Frieden mit dieser Spezies in nur einer Episode ("In Fleisch und Blut") geschlossen wird und endlich einmal wieder - nach langer langer Zeit - wieder Friede, Freude, Eierkuchen serviert wird. Welch ein Genuss, endlich wieder etwas zu sehen, die all das beinhaltet, was einen zum "Star Trek"-Fan gemacht hat! Endlich vergeht eine Woche ohne Jem'Hadar-Leichen oder sonstige optische "Leichenbissen" ohne Tiefgang!

Jenseits des Optimismus

"Deep Space Nine"-Fans, wir erinnern uns, Action-Knaben, kritisieren an "Das nächste Jahrhundert" und "Raumschiff Voyager" ständig den Friede-Freu(n)de-Eierkuchen-Aspekt sowie das Einzelepisodenkonzept und man fragt sich, was daran so schlimm ist? Dass man überhaupt so eine Kritik anbringen kann, zeigt, dass man "Star Trek" nicht verstanden hat. Wie kann man soetwas überhaupt als Kritikpunkt anbringen? Ist das eigene Leben so langweilig geworden, dass man es gern ein wenig actionreicher, düsterer und sogar brutaler haben möchte? Der Kreis schließt sich mit der Frage: In welcher Zeit leben wir eigentlich, dass sie solch verabscheungswürdige Geschöpfe wie die Action-Knaben hervorbringen kann?

Aktuelles Beispiel: Wenn man sich den Xindi-Handlungsbogen von "Enterprise" anschaut, muss man gestehen, die Serie war in ihren ersten beiden Staffeln erheblich besser - optimistischer. Dabei war das Problem der Serie nie ihr Einzelepisodenkonzept, sondern schlicht die Qualität der Geschichten. Mit der Umstellung auf Kontinuität müssen sich die Macher nicht mehr jede Woche völlig neue Geschichten ausdenken - sie müssen sich weniger Mühe geben. Und da die Einzelepisoden aus diesem Grunde noch sinnfreier wirken als sie es ohnehin in den ersten beiden Staffeln waren, ist das ganze Ergebnis nur noch zum Verzweifeln. Jetzt werden Archer und Crew mit diesem düsteren, kriegerischen Sciencefiction-Einheitsbrei noch mehr vermischt.

Wo "Deep Space Nine" Diplomatie-Episoden mit möglichst vielen Toten darstellen würde, schämen sich "Das nächste Jahrhundert" und "Raumschiff Voyager" aber zum Glück nicht, "Star Trek" zu sein und lösen den Konflikt auf diplomatischem Wege ohne größere Totenanzahl oder Action (sinnbildlich hierfür ist die Episode "Die Leere" aus der siebenten "Raumschiff Voyager"-Staffel). Das mag naiv sein, aber es ist im Endeffekt anspruchsvoller und eleganter. Kritik hin, Kritik her - reden wir Klartext - wieviele "Raumschiff Voyager"-Gegner, die die Serie aufs Äußerste verreißen, kennen sie wirklich? Die meisten holen ihre Meinung doch eh aus irgendeinem ach so tollen Forum, ohne die Serie zu kennen und ohne über das, was sie von sich geben, nachzudenken - "Star Trek"-Fans waren und sind schon immer sehr manipulative Geschöpfe gewesen. Wer kann "Raumschiff Voyager" nicht mögen, wenn er die Serie wirklich kennt?

Da aber die optimistischen und niveauvolleren "Das nächste Jahrhundert"-Fans seit "Deep Space Nine" abgewandert sind, die von nun an mit ihren Action-Knaben die "Star Trek"-Zuschauergruppe dominiert, fehlt "Raumschiff Voyager" diese optimistischen "Das nächste Jahrhundert"-Fans. Nur so und nicht anders sind solche komischen Gestalten wie die "Raumschiff Voyager"-Basher zu erklären, die die Serie am besten so düster und kriegslastig sehen wollen wie "Deep Space Nine". Es zeigt, dass die "Deep Space Nine"-Fans nicht in der Lage sind, über ihren Seriensuppenschüssel hinauszusehen. Die wenigen gebliebenen Fans, die durch Picard zum "Star Trek"-Fan geworden sind, schätzen "Raumschiff Voyager" und ihr Einzelepisodenkonzept aber dafür umso mehr und genießen ihre Serie, ohne sich auf das Niveau der "Deep Space Nine"-"Star Trek"-Basher herabzubewegen - "Raumschiff Voyager" gilt in Fachkreisen nachwievor als die beste Sciencefiction-Serie, die jemals im TV lief. Hier trifft der Volksspruch "Der Kluge bemerkt alles, der Dumme gibt zu allem seine Bemerkung ab" wahrhaftig zu.

Warum muss Sciencefiction aber überhaupt so düster und kontinuitätslastig sein? Das, was die Action-Knaben glücklich macht - ist das noch "Star Trek"?

Tränen der Kontinuität

Klare Antwort: Nein. Genau aus diesem Grunde hat die Vergewaltigung von "Star Trek" wohl mit dem Start des Dominion-Kriegs in "Deep Space Nine" begonnen.

Hatte "Enterprise" bereits in ihren ersten beiden Staffeln in Sachen Vergewaltigung von "Star Trek" eigene Akzente gesetzt (lesen Sie hierzu bitte die beliebte Kolumne "Enterprise - die Vergewaltigung von Star Trek"), aber zumindest dem "Star Trek"-typischen Einzelepisodenkonzept treu geblieben war, nahm sie nun ab der dritten Staffel mit dem durchgehenden Handlungsbogen um die Xindi viele Elemente von "Deep Space Nine" wieder auf und setzte diese Vergewaltigung von "Star Trek" brutal fort. Düsterkeit, Krieg und Kontinuität - damit wurde "Star Trek" endgültig zu einer Durchschnittsware degradiert. Mit den neuesten Waffen ausgerüstet, fliegt die "Enterprise NX-01" in die "Delphic"-Ausdehnung, die Macher gehen auf Zuschauerfang. Dass ihnen dies nicht gelungen ist, zeigt sich an den miserablen US-Quoten der dritten Staffel.

Die alten Fans wandern immer mehr ab, was auch nicht verwunderlich ist, wenn man so leere "Enterprise"-Episoden wie "The Xindi" mit jeder beliebigen Episode von "Das nächste Jahrhundert" oder "Raumschiff Voyager" vergleicht, die vom Niveau her alle weitaus höher angesiedelt sind. Die zurückgebliebenen "Enterprise"-Fans, die sich über den neuen Kurswechsel der Serie freuen, kennen "Star Trek" nicht wirklich, haben mit "Deep Space Nine" zu "Star Trek" gefunden und können mit niveauvollen Charakteren wie Picard oder Janeway und mit anspruchsvollen Geschichten wie "Darmok" oder "Verborgene Bilder" nicht wirklich etwas anfangen.

Beispiel: Warum muss der Zuschauer die Schäden, die dem Schiff in einer Episode zugefügt wurde, unbedingt in der folgenden Episode sehen? Kann er sich nicht denken, dass das Schiff zwischenzeitlich repariert worden ist? Warum wird der Zuschauer so verdummt? Oder ist er so süchtig nach seinem TV-Universum geworden, dass er die Ereignisse dort Schritt für Schritt, und am besten noch in Realzeit sehen möchte?

(Ironiemodus an:) Ja, am besten keine aussagekräftigen Geschichten mehr, sondern in Realzeit das Leben auf dem Schiff verfolgen - das ist definitiv die Zukunft von Sciencefiction und dem Drama schlechthin. Man schaltet ein, um jede Konsequenz aus jeder noch so gezeigten Trivialität zu sehen - man hat ja kein eigenes Leben und vor allem keinen Anspruch mehr. Kontinuität ist schon etwas Tolles! (Ironiemodus aus.)

Warum sollte man eine bereits abgeschlossene Geschichte - eine zu Ende geführte Aktion in einer anderen Episode aufgreifen? Was sollen diese Trivialitäten, die einer (eigenständigen) Geschichte wertvolle Zeit wegnimmt und nur dazu da ist, um Ideenlosigkeit zu überdecken, indem die Episode durch solche sinnlosen Hinweise (sinnlos, da es völlig logisch ist, dass wenn das Schiff wieder flugfähig ist, es repariert wurde - merke: Der Zuschauer ist nicht blöd) auf vergangenes Episodengeschehen gestreckt wird.

Und die wenigen - gelungenen - Einzelepisoden in "Deep Space Nine" und "Enterprise" sind nun wirklich keine große Kunst. Wo man bei "Raumschiff Enterprise", "Das nächte Jahrhundert" oder "Raumschiff Voyager" sich in jeder Episode etwas Neues ausdenken musste, setzen sich die Autoren bei "Deep Space Nine" oder "Enterprise" nun nur noch ein oder zwei Male in einer Staffel für eine wirkliche Einzelepisode zusammen und da sollte es nicht schwer sein, eine anständige hinzubekommen.

Es kann nicht sein, dass die Macher mit Episoden wie "Die Zukunft" aus der zweiten "Enterprise"-Staffel durchkommen, die von absolut nichts handeln, sondern nur vorgeben, einen Handlungsstrang weiterzuentwickeln. Wo bleibt da die Mühe, die Qualität? Es werden wöchentlich keine Geschichten mehr erzählt, sondern nur bekannte immer und immer wieder gestreckt mit Füllepisoden, die keinen eigenständigen Inhalt aufweisen. Wenn einem nichts mehr einfällt, setzt man also auf die ach so tolle Kontinuität.

Dabei möchte man lieber eine neuerzählte eigenständige Episode, die noch so langweilig ist, als eine inhaltsleere Füllepisode, die mehr Rätsel aufwirft als löst - meistens nur vorgibt, einen noch so tollen Handlungsbogen weiterzuentwickeln, den Machern im Grunde aber eine kreative Pause erlaubt. Einfach eine Episode zu basteln, die einen bestehenden Handlungsbogen mit Rätseln füllt, kann jedes Kind. Doch wenn die Episode von nichts handelt, bleibt sie sinnlos. Wenn die Episode sich mit keinem Thema auseinandersetzt, bleibt sie belanglos. Belanglos - das sind die meisten Einzelepisoden in Kontinuitätsserien. Das kann nicht gutes TV - das kann nicht herausragende Sciencefiction sein.

Wenn Kontinuität so toll ist, warum sind es aber gerade die ruhigen Einzelepisoden, die die besten der Serie darstellen? "Deep Space Nine" lief erstaunlicherweise in ihren sehr gelungenen, ruhigeren Einzelepisoden wie "Der Besucher" oder "Immer die Last mit den Tribbles" zur Hochform auf, die zweifelsohne zu den besten gehören, was "Star Trek" zu bieten hat - schade, dass die Serie ihr Potenzial so an einen Kriegshandlungsbogen verschwendet hat. Und auch "Enterprise" lässt ihr erzählerisches Potenzial erst in ruhigen Einzelepisoden wie "Lieber Doktor" oder "Similitude" aufblitzen. Doch nur ein paar tolle Episoden in einer gesamten Serie ist viel zu wenig!

Es ist keine große Kunst, Gelegenheitszuschauer mit Füllepisoden oder Kontinuität an die Serie zu binden. Man lässt das Ende einer Episode einfach offen oder füllt diese wie besprochen mit Rätseln - die Episode an sich aber ist sinnlos. Dem Zuschauer wird ein scheinbar großer Handlungsbogen vorgegaukelt - vorgegaukelt deshalb, weil die Produzenten selbst nicht einmal wissen, wie dieser aussieht. Welcher TV-Sender erlaubt es schon einer neuen Serie, einen großangelegten TV-Handlungsbogen im Voraus zu planen?

Das Ergebnis sind immer billige Füllepisoden, die belanglos sind, da sie sich mit nichts und niemandem auseinandersetzen, sondern eine Geschichte künstlich am Leben erhalten, um Zuschauer so lange wie möglich an sich zu binden - das ist ein Verzweiflungsakt und hat nicht das Geringste mit Kunst zu tun. Es ist nichts anderes als Quotenfang. Dies ist der Hauptgrund, warum ausnahmslos jede Kontinuitätsserie lächerlich und unglaubwürdig wird, da die Anzahl der Rätsel - der Lügen an die Zuschauer - so groß geworden ist, dass die Macher diese nicht mehr zu lösen vermögen.

Es ist aber sehr wohl eine große Kunst, sich jede Woche etwas Neues auszudenken, mit einem Thema zu beschäftigen und jede Woche die Zuschauer aufs Neue zu fesseln, wobei wiederkehrende Elemente natürlich vorhanden sein dürfen und auch müssen, um die Serie zusammenzuhalten - sie dürfen aber niemals über einer eigenständigen Geschichte stehen und die Zuschauer hinter's Licht führen.

Daher ist die Erzählweise von "Raumschiff Voyager" auch so perfekt - die Rückkehr nach Hause und die Charaktere sind die einzigen wiederkehrenden Elemente - innerhalb dieses Rahmens, der nicht beengend ist, werden eigenständige Geschichten erzählt - ganz im Gegensatz zu den Kriegs-Handlungsbögen in anderen Serien - da kommen Gegner hinzu, Kleinkriege werden geführt und endlose Konspirationen - wo bleibt da Platz für eigenständige Geschichten, die sich mit einem anderen Thema als Krieg auseinandersetzen? Wo bleibt da Platz für Optimismus?

Eigenständige Geschichten sich auszudenken, die einen Aussagewert haben, ist bei weitem schwieriger als Konspirationen einzuführen, die nur eine vorhandene Story - den Krieg - künstlich strecken. Die Einfallslosigkeit wird also übertüncht - der Zuschauer wird belogen. Auch das kann nicht gutes TV - auch das kann keine herausragende Sciencefiction sein.

Der Weg des Kriegs

Und man sollte ehrlich sein: Wie können die Produzenten von den Fans von "Star Trek" fordern, einen TV-Krieg mehr als vier Jahre lang zu verfolgen? Und das, obwohl der Zuschauer mehr als je zuvor von Krieg in den Nachrichten hört. Warum muss Sciencefiction so schrecklich düster sein? Warum muss Sciencefiction immer etwas mit Gewalt zu tun haben? Warum wird Krieg überhaupt in "Star Trek" in dieser Weise, wie es "Deep Space Nine" getan hat, thematisiert? Sollte man dies nicht anderen Serien überlassen? "Star Trek" handelt nun einmal von einer harmonischen und utopischen Zukunft. Dass "Deep Space Nine" dies alles in Frage stellt und auch noch stolz darauf ist, ist ein Verrat an - eine Vergewaltigung von - "Star Trek". Es zeigt nämlich, dass eine solche Zukunft, wie sie "Star Trek" darstellt - eine Zukunft der Gleichheit und des Friedens - niemals möglich ist; dass wir Menschen uns immer und ewig bekriegen werden! Eine zweifelhafte Aussage und Einstellung.

"Star Trek" zeichnete sich bisher stets dadurch aus, dass es uns fast perfekte Menschen gezeigt hat, die durch ihre hohe Moral überzeugen. Und nun kommt "Deep Space Nine" und entzaubert diesen Mythos und will aussagen, dass die Menschen in ein paar Hunderten von Jahren noch immer dieselben sein werden. Dieser Pessimismus - manche sagen auch Realismus und finden das ganz toll - ist nicht nur eine ungesunde Einstellung, auch verliert "Star Trek" jeglichen Reiz, da es sein eigenes Universum und all seine hohen moralischen Werte in Frage stellt. Das ist keine Sciencefiction mehr - das ist keine realistische Wiedergabe von der Zukunft. Es zeigt lediglich Menschen unserer Zeit in einer anderen Umgebung.

Wohingegen "Das nächste Jahrhundert" und "Raumschiff Voyager" wirklich Menschen aus der Zukunft der Menschheit zeigen, zeigt uns "Deep Space Nine" uns selbst auf sehr offensichtliche Art und Weise - das ist einfallslos und schwach und zeigt, dass die Autoren sich nicht genug mit "Star Trek" und Sciencefiction auseinandersetzen, sondern ihre Energie damit verschwendet haben, einen Krieg möglichst realistisch und dramatisch darzustellen, weil ihnen nichts anderes eingefallen ist. Sie zeigen uns keine wirkliche Zukunft, sind ihrem Zeitgeist in keinster Spur voraus - von der Weitsicht eines Roddenberry keine Spur.

Als Entschuldigung liefern Sie dann einen möglichst dramatischen Krieg ab, mit möglichst menschlichen Charakteren, die die Zuschauer mitreißen sollen - die Charaktere mögen menschlicher, realistischer sein als in anderen "Star Trek"-Serien, doch sind sie dadurch auch durchschnittlicher, weil sie sich von dem Rest im TV nicht mehr unterscheiden. "Star Trek" verliert also durch diese Entcharakterisierung deutlich an Faszination und Anspruch.

Der Fehler der "Deep Space Nine"-Autoren war es, dass sie sich das falsche Universum für ihren Krieg ausgesucht haben. Denn in einem "Star Trek"-Universum, wenn nun unbedingt ein Krieg sein muss, hätten sie zeigen müssen, wie utopische Menschen einen zukünftigen Krieg führen würden und nicht wie wir einen Krieg führen - denn nichts anderes ist der Dominion-Krieg. Die Autoren haben sich also nicht genug mit ihrem Universum auseinandergesetzt, sie haben sich die Arbeit erleichtert, indem sie aus "Star Trek"-Charakteren kurzerhand Durchschnittscharaktere gemacht haben. So müssen sie nicht lange über mögliche Entscheidungen und Denkweisen ihrer Charaktere grübeln, da sie sich nicht in die "Star Trek"-Zukunft versetzen müssen. Und da Krieg, Action und sonstiges im TV und vor allem in der Sciencefiction längst alter Hut ist, ist "Star Trek" damit nichts Außergewöhnliches mehr im TV - es ist glatter Durchschnitt.

"Deep Space Nine" zeigt also, wenn überhaupt, keinesfalls "Star Trek"s Schattenseiten, da die agierenden Charaktere keine "Star Trek"-Charaktere sind - die Autoren sich also vor der Aufgabe gedrückt haben, einen Krieg in einem utopischen Universum glaubwürdig darzustellen. Das mag alles nicht schlimm sein, dann ist "Deep Space Nine" halt eine realistischere Serie, da sie Charaktere präsentiert, die uns viel ähnlicher sind, mag man jetzt sagen - aber genau dadurch, dass diese "realistischen" Charaktere und dieser "realistische" Krieg im "Star Trek"-Universum spielen, aber im "Star Trek"-Sinn, wie besprochen, nicht realistisch, sondern durchschnittlich und pessimistisch sind, zerstören sie den Zauber, das Besondere, Gehobene, Faszinierende an "Star Trek". Das "Sense of Wonder", die Faszination an der Erkundung des Alls, geht völlig flöten. Man muss sich schon fragen, was der Titel "Star Trek" - die Reise zu den Sternen - noch mit dem Kriegskonzept von "Deep Space Nine" zu tun hat. Dies ist der Grund, warum "Star Trek" durch "Deep Space Nine" zum Durchschnitt degradiert wird. Es wird durch und durch vergewaltigt - dem Krieg sei Dank.

Mit Ideen wie "Sektion 31" und Folgen wie "Für die Uniform" oder "Die Belagerung von AR-558" demontiert die Serie nach und nach das utopische "Star Trek"-Universum oder beschmutzt dieses mit Kriegsblut. Da fragt man sich glatt - warum? Warum diese Desillusionierung? Diese Entzauberung? Was ist dann noch der Sinn an "Star Trek"?

Da mag man noch kommen mit dem Argument, auch jede gute Seite hat ihre Schatten oder sonstige Schwachsinnigkeiten - oder man muss auch mal einen anderen Aspekt der Föderation hervorheben und so ein Stuss. Aber fest steht auch, dass "Star Trek" nun einmal über andere Geschichten erzählen sollte als über Krieg - und wenn, dann bitte nicht eine ganze Serie lang und bitte um einiges außergewöhnlicher - wie wir oben besprochen haben! Egal, wieviele Anti-Kriegs-Episoden "Deep Space Nine" auch zu bieten hat, egal wie nicht verherrlichend einige Episoden des Dominion-Kriegs auch sein mögen - Tatsache ist auch, dass "Star Trek" schlicht nicht von solch einem Krieg handeln darf, sondern von menschlicheren Dingen, da sonst die Faszination sich verabschiedet, wie wir oben besprochen haben.

Hat uns "Star Trek" mit der nachwievor zeitlosen "Das nächste Jahrhundert"-Serie nicht genau das gezeigt - dass Sciencefiction nicht nur actionreich, sondern auch intelligent sein kann? Hat uns "Das nächste Jahrhundert" nicht gezeigt, dass Sciencefiction auch von etwas anderem handeln kann als Krieg? Machte nicht genau das die Faszination von "Star Trek" aus - dass es uns wirklich eine friedvolle Zukunft, wie sie wirklich existieren könnte, zeigte? Warum das alles desillusionieren wollen? Warum das alles kaputt machen wollen? Warum eine friedvolle Zukunft zu unserer düsteren Kriegsgegenwart degradieren? Warum den Pessimismus dem Optimismus vorziehen? Was sagt das über einen selbst aus?

Die Faszination an einer beinahe perfekten Welt - die Vision - völlig zunichte gemacht. Weil der Kontrast zu unserer Welt verkleinert wird, ist das aber fatal - zeichnet sich doch Scienceficition stets dadurch aus, dass sie unsere Welt in einer anderen Perspektive zeigt und viele Dinge erst auf diese Weise sichtbar werden, da der Zuschauer sozusagen mit einem dritten Auge auf seine gegenwärtige Welt blickt. Indem nun der Kontrast - diese Perspektive - verringert wird, werden die Geschichten immer uneffektiver.

Dies alles ist der Grund, warum Episoden wie "Im fahlen Mondlicht" nicht so recht funktionieren. Denn wäre Picard anstelle von Sisko gewesen, wäre das "Verbrechen" von Garak in dieser Episode viel dramatischer ausgefallen, weil hier ein utopisch, beinahe perfekter Mensch mit einer hohen Moral (Picard) sich mit einem primitiven Gewaltakt konfrontiert sieht - doch leider ist es in dieser Episode ein durchschnittlicher, primitiverer Mensch (Sisko) mit einer geringeren Moral, der diesem Akt gegenübersteht - entsprechend fällt der Kontrast geringer aus und die Wirkung der Episode ist dahin.

Das ist auch Grund, warum Allegorien in "Enterprise" - man denke nur an Episoden wie "In sicherem Gewahrsam" oder "Waffenstillstand" - beinahe alle zum Scheitern verurteilt sind, die wegen ihrer Realitätsnähe zu uns eine Spur zu offensichtlich und abgedroschen daherkommen und ihre Wirkung längst nicht so entfalten können, wie wenn die "Das nächste Jahrhundert"- oder die "Raumschiff Voyager"-Crew darin mitgespielt hätten. Je weiter eine "Star Trek"-Serie also unserer Zeit voraus ist, sprich nicht von unseren gegenwärtigen Themen wie Krieg etc handelt, desto größer der Kontrast und unselbstverständlicher, unkonventioneller und damit spannender die Geschichten. Andersherum je kleiner der Kontrast desto selbstverständlicher, konventioneller und als Folge langweiliger und banaler die Geschichten. Und genau dies ist bei "Deep Space Nine" und "Enterprise" der Fall - das ist nicht mehr das visionäre "Star Trek".

Genau aus diesem Grunde hat die Vergewaltigung von "Star Trek" wohl mit "Deep Space Nine" angefangen und ihre Fortsetzung in "Enterprise" gefunden, die ja mit dem entsetzlichen Xindi-Handlungsbogen auf Zuschauerfang geht. Genau aus diesem Grunde hat Majel Barrett Roddenberry - die Frau des verstorbenen "Star Trek"-Schöpfers Gene Roddenberrry - entsetzt gewarnt, dass ihr Mann einen solchen Krieg niemals in "Star Trek" zugelassen hätte. Genau aus diesem Grunde ist "Deep Space Nine" - völlig zurecht - das hässliche Stiefkind der "Star Trek"-Familie.

Vorbei sind die Zeiten, in denen sich die grauen Zellen an so wunderbaren Episoden wie "Darmok" oder "Verborgene Bilder" erfreuen können, gegenwärtig ist die Zeit, in der sogar angesehene "Star Trek"-Kritiker wie Thomas Höhl oder Mike Hillenbrand eine so inhaltsleere und absolut sinnfreie Episode wie "Anomaly" aus der dritten "Enterprise"-Staffel als "als eine der besten Folgen" bezeichnen und sogar ""Anomaly" rockt!" ausrufen, und das, obwohl die Episode lediglich durch ihre gelungenen Produktionswerte besticht. Man ist in der Tat bescheiden geworden, was gute Sciencefiction angeht.

Mit "Deep Space Nine" ist "Star Trek" ein erhebliches Stück durchschnittlicher geworden - mit "Enterprise" hat dieser Prozess ihre Vollendung gefunden. Es mag anders und neu sein, aber dieses Neue bedeutet Entzauberung von "Star Trek" hin zu mehr Durchschnitt - maßgeschneiderter für eine jüngere, unreifere Zielgruppe - für die Action-Knaben eben.

Im fahlen Licht der Tatsachen

Es ist nicht Absicht dieses Artikels, "Deep Space Nine" - eine für sich genommen recht aufregende Serie - völlig in den Dreck zu ziehen. Aber es wird die Feststellung gemacht, dass die meisten und aggressivsten Basher eben "Deep Space Nine"-Fans sind, die, weil sie eben die Mehrheit der jetzigen "Star Trek"-Zuschauergruppe darstellen, durch ihre Action-Fixiertkeit, ihren chronischen Drang nach Düsterkeit und Kontinuität - alles Eigenschaft auch der Serie, wie wir nun in den oberen Abschnitten wirklich ausführlich genug diskutiert haben - sowie Unreife zum "Star Trek"-Untergang in Form von "Nemesis" und "Enterprise" beitragen, weil sie mit ihren Meinungen die Produzenten ja irgendwie beeinflussen. Dass deren Meinungen aber ganz falsch sind, zeigt sich am Flop von "Nemesis" (lesen Sie hierzu bitte die Kolumne "Nemesis - die Vergewaltigung von Star Trek geht weiter") und der katastrophalen Einschaltquoten von "Enterprise" weltweit. Auch das ist eine unabstreitbare Tatsache.

Und es wird auch die Feststellung gemacht, dass wenige "Das nächste Jahrhundert"-Fans geblieben sind, die "Star Trek" so erfolgreich gemacht haben.

Fest steht außerdem, dass die Action-Knaben mit einer Serie, wo eine Frau das Kommando hat, nichts anfangen können. Anders ist deren Kritik an Captain Janeway - eine Frau mit Klasse - nicht zu erklären. Die Frauen in modernen Sciencefiction-Serien haben offensichtlich so männlich zu sein wie Sigourney Weaver oder so schwach wie Hoshi Sato. Alles andere würde die Testosteron-Werte der Action-Knaben verwirren. Ein sanfter Zug von Chauvinismus scheint Einzug in die moderneren Sciencefiction-Serien zu halten, wobei man "Raumschiff Voyager"s Ausnahmestellung diesbezüglich nicht genug würdigen kann. Jedenfalls ist es ohne Zweifel, dass ein so steifer Darsteller wie Avery Brooks (spielte Captain Sisko) nicht einmal im Ansatz an ein so vielfältiges Talent wie Kate Mulgrew (spielte Captain Janeway) herankommt.

Auch scheinen die Basher nicht viel anfangen zu können mit dem sehr hohen Humor in "Raumschiff Voyager", der manchmal sehr sarkastisch, gelegentlich sehr ironisch und oft parodistisch sein kann. Und auch scheint den Bashern "Raumschiff Voyager" zu originell zu sein (Schwarz-Weiß-Holodeckprogramm um Captain Proton). Sciencefiction hat heutzutage anscheinend toternst zu sein und darf von nichts handeln außer Krieg in all seiner Variation.

Und weil eben viele Zuschauer, die "Raumschiff Voyager" verfolgen, eben "Deep Space Nine"-Düsterkeits-Action-Knaben sind - und mit all dem Besprochenen im Hinterkopf - kann man Episoden wie "In Fleisch und Blut" oder "Die Leere" nicht hoch genug schätzen, dass sie so viele von ihrer ("Deep Space Nine"-)Zuschauerschaft vor den Kopf stoßen, eine "Rebellion Alpha" durchführen; praktisch in jedem Punkt das umsetzen, was die "Deep Space Nine"-Fans so hassen: Frieden, Freunde und Optimismus, gewürzt mit Lakonik, sprich, der Krieg wird nur in einer Episode abgeschlossen. Eine Episode wie "Die Leere" wäre in "Deep Space Nine" unbedenkbar, was bereits viel über diese Serie aussagt.

Diese Hartnäckigkeit in der Rebellion gegen die Basher, diese Hartnäckigkeit im Verharren auf das Einzelepisoden-Konzept machte "Raumschiff Voyager" endgültig zur besten Serie der Sciencefiction - man muss heute schon beinahe sagen, der klassichen Sciencefiction.

Das, was man zurücklässt

Es ist im Moment schon traurig, zu beobachten, wie ein einstmals dermaßen glorrreiches Franchise so vor die Hunde geht und dermaßen vergewaltigt wird.

Es ist im Moment schon äußerst traurig, zu beobachten, wie all das, was "Star Trek" auszeichnet, bewusst demontiert wird.

Es ist im Moment schon unerträglich traurig, zu beobachten, wie sowenige ehemalige - intelligente - "Star Trek"-Fans diesem reichhaltigen Universum treu geblieben sind und wie soviele dank "Deep Space Nine" und "Enterprise" abwandern/abgewandert sind.

Das, was letzten Endes zurückbleibt, ist der "Enterprise"-Stuss, der ab der dritten Staffel nur noch nervt und den man sich allenfalls nebenbei anschaut.

Das, was letzten Endes zurückbleibt, sind auch die ehemaligen "Deep Space Nine"-Fans, die "Star Trek" erst zu "Nemesis", dann zu "Enterprise" und bald wohl in den Ruin treiben werden.

Das, was letzten Endes zurückbleibt, sind zum Glück aber auch Wiederholungen alter "Das nächste Jahrhundert"- und "Raumschiff Voyager"-Episoden, die einen Hoffnungen und Optimismus geben auf eine neue "Star Trek"-Serie, die sich nicht dafür schämt, "Star Trek" zu sein, die Mut zum Friede-Freu(n)de-Eierkuchen und zum Optimismus beweist, und die den Namen "Star Trek" auch wirklich verdient.

Hoffen wir auf bessere Zeiten! Möge das aktuelle "Star Trek" endlich wieder einen Weg nach Hause setzen und möge dann der Himmel endlich wieder das Limit sein!

Artikel geschrieben von Shen Li (sl); aktualisiert am 11.12.2004