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"Nemesis"-Review, Nachtrag

Vor kurzem ist der gefloppte "Star Trek Nemesis"-Kinofilm auf DVD erschienen. Interessant für den Fan sind vor allem die geschnittenen Szenen. In diesem Nachtrag zu unserer populären Reviewkolumne "Nemesis - die Vergewaltigung von Star Trek geht weiter" erfahren Sie, ob diese Szenen aus "Nemesis" einen besseren Film gemacht hätten.

Titelgrafik zur News
"Star Trek Nemesis"-DVD

Einleitung

Seit unserem sehr ausführlichen Review zu "Star Trek Nemesis" ("Nemesis - die Vergewaltigung von Star Trek geht weiter") hat sich nicht besonders viel verändert. Der Film hat sich erwartungsgemäß zu einem großen Flop entwickelt und "Star Trek" kränkelt zusätzlich durch "Enterprise" an allen Ecken und Kanten.

Nicht nur finanziell, aber vor allem künstlerisch ist "Star Trek" mit "Nemesis" und vor allem mit "Enterprise" (Lesen Sie hierzu die populäre Kolumne "Enterprise - die Vergewaltigung von Star Trek") an einem absoluten Tiefpunkt seines Schaffens angekommen.

In diesem Nachtrag zu dem erwähnten Review soll auf die vor kurzem erschienene "Nemesis"-DVD eingegangen werden, auf der nicht etwa der Film, sondern die nicht verwendeten Szenen interessieren. In diesem Artikel werden die technischen Aspekte der DVD nur kurz angerissen und er konzentriert sich vornehmlich auf die gelöschten Szenen und ihre Konsequenz für den Film.

Die DVD

In dem Review zu "Nemesis" wird eine gewisse Symmetrie-Struktur des Films angesprochen, die durch den finalen Schnitt zunichte gemacht wird und der Film daher an vielen Stellen etwas holprig und konstruiert wirkt. Auch wird dadurch die Dramaturgie von "Nemesis" zerschlagen, da viele Szenen auf vorherigen (gelöschten) aufbauen und ihre volle Dramatik erst durch diese entfalten können.

Nun interessiert die Frage, ob die nicht verwendeten Szenen aus "Nemesis" einen besseren Film gemacht hätten. Und in der Tat, sie hätten es.

Interessant sind die Interviews auf der DVD. Neben Lobpredigten interessieren besonders die ausführlichen Interviews mit Rick Berman sowie dem Regisseur Stuart Baird, der hauptsächlich für den finalen Schnitt verantwortlich ist. Was hat ihn dazu bewogen, aus "Nemesis" den Film zu machen, der weltweit Fans enttäuscht? Was lässt sich über seine Arbeitsmethode sagen, von der man in den Interviews viel mitbekommt? War er die richtige Wahl für das finale Abenteuer einer grandiosen TV-Ära gewesen?

"Star Trek"-Chef Rick Berman erzählt - leicht zögerlich - in einem Interview, dass die Minuten der geschnittenen Sequenzen sich auf 45 belaufen. Leider bekommt man nicht all diese Sequenzen zu sehen und es kommt der Eindruck auf, dass viele weitere dem Zuschauer vorenthalten werden. Lediglich magere sieben Szenen werden präsentiert, die - und das ist sehr auffällig - allesamt Charakterstücke sind. So lässt sich daher der Eindruck abermals nicht verwehren, dass "Nemesis" hauptsächlich gekürzt wurde, um zu einer reinen Actionkost zu mutieren - einer der Hauptkritikpunkte in dem besagten Review.

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Special Features, welche aus Interviews und den gelöschten Szenen bestehen, sehr gut sind, auch wenn man hier und da mehr in die Tiefe hätte gehen können. Vor allem ist es schön, dass vor einigen nicht verwendeten Szenen die Verantwortlichen noch einmal erläutern, was der Grund für den Wegschnitt war. Beeindruckend sind Bild und Ton, die sich beide sehr kraftvoll geben und mit äußerst guter Qualität daherkommen. Das Menü ist logisch aufgebaut, hätte aber von der Bedienung her einfacher gestaltet sein können. Dennoch: Insgesamt gesehen ist die DVD-Umsetzung gelungen.

Stewart Baird

In einem Interview zu den gelöschten Szenen lässt Regisseur Stuart Baird verlauten, dass die meisten der gelöschten Szenen entfallen sind, weil diese nichts mit der Handlung zu tun haben. Bei dieser Aussage kann man nur seine Stirn runzeln und der Eindruck festigt sich, dass Baird falsch am "Star Trek"-Platze war.

Für einen finalen "Das nächste Jahrhundert"-Film ist es schlicht unverzeihlich, dass der Zuschauer so wenige Charaker-Szenen abseits der Handlung zu sehen bekommt. Diese hätten dem Film den bitter benötigten Tiefgang beschert. Diese Szenen hätten einen würdigeren Abschied von der "Das nächste Jahrhundert"-Crew bedeutet.

Aber so hat der finale Schnitt aus "Star Trek Nemesis" einen unglaublich gradlinigen Film gemacht, der durch die starre und einseitige Konzentration auf eine Sache - die dünne Handlung mit Action aufgefüllt - geradezu krampfhaft und "unmenschlich" wirkt - praktisch auf das Gegenteil der Serienidee hinausläuft, die zum großen Teil von Menschen, Menschlichkeit und Familie handelt. So bietet "Nemesis" außer Action keine Momente, die für sich selbst stehen können und an die der Zuschauer sofort denkt, wenn er nur den Filmtitel hört. Stuart Baird, der Action-Regisseur, scheint sich dessen nicht bewusst genug gewesen zu sein, sonst hätte er einen solchen Interview-Unfug nicht von sich gegeben.

"Star Trek VIII: Der erste Kontakt" ist zwar (leider) ebenfalls ein Actionfilm, doch bietet er viele denkwürdige Szenen - Lily/Picard-Streit oder die Szene, wo die Borg-Queen Data "stimuliert" - , ohne die die Haupthandlung zwar auch funktionieren würde, aber ohne die der Film um ein ganzes Stück ärmer und weniger einzigartig wäre. Solche faszinierende Charaktermomente sucht man bei "Nemesis" vergeblich.

Jeder gute Actionfilm mit einer gelungenen Handlung muss hin und wieder von ihr abkommen, den Zuschauern eine Verschnaufpause bieten und sich selbst mit Tiefgang füllen. Und dies geschieht eben durch Szenen oder Nebenhandlungen, die dazu dienen, viele Sachverhalte genauer zu erklären, die Charaktere ein Stückchen weiter zu etablieren, ihre Beziehungen untereinander auszuarbeiten und die Dramaturgie voranzutreiben. Wenn ein Actionfilm nur schnurgerade seiner Handlung folgt und sich nicht zettelt - wohlgemerkt nicht verzettelt - dann bleibt der Actionfilm aufgrund seiner Geschwindigkeit nicht lange im Gedächtnis des Zuschauers haften.

Und genau dies ist bei "Star Trek Nemesis" der Fall. Die actionreiche Haupthandlung ist an sich ohnehin ziemlich dünn, weshalb eine ausschließliche Fokussierung darauf fatal ist. Der Film hätte also dringend ruhige Charaktermomente gebraucht, die abseits davon spielen und die Haupthandlung bereichern. Und da alle geschnittenen Szenen auf der DVD solche Momente darstellen und den Film mit Tiefgang hätten füllen können, ist Stuart Bairds Grundangabe zu dem Wegschnitt dieser Szenen schlicht absurd und zeigt, was für ein schlechter oder besser unpassender Regisseur er für einen "Das nächste Jahrhundert"-Kinofilm ist.

Baird hat diese Vision von einem schnellen und vor allem kurzen Sciencefiction-Action-Film, womit er bei "Star Trek" unglücklicher nicht landen konnte. Er sorgt sich nicht um die Charaktere, deren Darsteller unter seiner Regie allesamt furchtbar spielen. Jeglicher Tiefgang geht unter seiner Leitung - beabsichtigt - flöten. "Nemesis" ist der erste halbwegs charakterlastige Actionfilm, den Baird jemals in seiner Karriere gedreht hat. Und entsprechend dürftig sieht das Ergebnis aus.

Gelöschte Szenen

Die Handlung eines Actionfilms ist für sich genommen nie tiefgründig, sie ist wie ein seichter Fluss, der erst durch das Zuführen von Wasser aus den Nebenflüssen tief wird. Und diese Nebenflüsse sind Momente der Ruhe und der Charaktere. Der seichte "Nemesis"-Fluss enthält auf der DVD sieben teils sehr ergiebige Nebenflüsse, die aber allesamt leider umgeleitet worden sind. Welche diese Nebenflüsse in Form nicht verwendeter Szenen sind, lesen Sie wie gefolgt:""Chateau Picard, 2267"

Diese glanzvolle und rührende Szene spielt nach der Hochzeitszeremonie. Hier offenbart Picard Data seine Trauer über den Abgang seiner geliebten Offiziere und Freunde Riker, Troi und Crusher, die allesamt die "Enterprise-E" verlassen und eigene Wege einschlagen. Ihm wird bewusst, dass das Leben an ihm vorbeigeht und er gesteht in einem leicht bedauerlichen Ton, dass er sein ganzes Leben der Sternenflotte gewidmet hat und daher nie heiratete oder Kinder zeugte. Die Szene verdeutlicht sehr die innige Beziehung zwischen Picard und Data und zeigt vor allem, dass in Data mehr als nur Schaltkreise stecken, denn er gibt zu, dass, sollte er jemals die "Enterprise-E" verlassen, Picard vermissen würde. Die Szene bringt wie keine Picard-Szene zuvor die Einsamkeit des Captains zum Ausdruck.

Dies ist schlicht die beste Charakterszene des gesamten Films und mitunter eine der besten Szenen aller "Das nächste Jahrhundert"-Kinofilme. Sie leitet erst den Film ein. So handelt der Film u.a. von Familie und der Zuschauer sieht diese Familie im Grunde aus den Augen von Picard. Ohne diese Szene erkennt der Zuschauer daher nicht deutlich genug, was die anderen Picard bedeuten und was ihr baldiger Abgang für Traurigkeiten in ihm wecken. Und entsprechend tritt man in der Endfassung des Films den anderen Charakteren ohne die Emotionen, die in dieser gelöschten Szene entfacht werden, entgegen, wodurch die Crew distanziert und kalt wirkt.

So wurde hier ein wichtiges Drama-Element entfernt und der Film damit um eine unglaublich ergiebige Quelle ärmer gemacht. Wirklich schade. Diese Szene stellt praktisch das Herz des Films da, sie versorgt die anderen Charaktermomente mit der nötigen Menge an Leben und Wärme, ohne sie wird dem Film das Herz und damit das Leben genommen. Schlimmer noch: Ohne sie wirkt Datas Tod nicht so emotionsgeladen, wie er hätte sein sollen, da auf die Picard/Data-Beziehung in der finalen Version in keiner Szene zuvor genauer eingegangen wird und das Ende somit in der Luft hängt. Wie bereits erwähnt, sieht der Zuschauer den Film aus den Augenwinkeln von Picard. Hätte der Zuschauer vorher also von jenem Gespräch nach der Hochzeit mitbekommen, so wäre er Datas Tod am Ende mit völlig anderen Emotionen entgegengetreten. Hier hat man eine wichtige Anfang-Ende-Symmetrie zerstört.

"The Time of Conquest"

In dieser Szene sollte Shinzon ursprünglich seinen ersten Auftritt haben. So erzählt er hierin von seinen Eroberungsplänen und der Zuschauer erfährt mehr über seine Beweggründe und seine Beziehung zu den Romulanern. Stewart Baird meint zu dieser Szene, dass sie deshalb entfernt worden wäre, damit der "Treppen-Auftritt" von Shinzon etwas spektakulärer wirke.

Der Beweggrund von Baird ist durchaus nachzuvollziehen, dennoch ist es schlichtweg falsch, auf diese Szene zu verzichten, weil "Nemesis" in der finalen Fassung von der Handlung her extrem unglaubwürdig daherkommt. Der Zuschauer kann nicht so recht nachvollziehen, warum Shinzon unbedingt die Föderation zerstören will - hätte er diese Szene gesehen, so wäre ihm einiges klarer geworden. Und um auf Bairds Einwand einzugehen: Statt Shinzon hätte man seinen Mentor einsetzen können, der dann in Vertretung Shinzons gesprochen hätte. Das wäre insofern interessant, als dass der Zuschauer auf diese Weise weiterhin im Dunkeln gelassen worden wäre, wer Shinzon eigentlich ist. Es hätte also durchaus Möglichkeiten gegeben, hätte man diese nur umgesetzt.

"Federation Protocols"

Diese Szene spielt nach der Crew-Konferenz, in welcher Data über Remus informiert und Picard beschließt, in die Neutrale Zone zu fliegen. Worf kommt, nachdem alle abgetreten sind, ins Spiel und warnt Picard, dass man den Romulanern nicht trauen könne.

Die Szene an sich ist kurz, aber auch sie hätte zu der Drama-Symmetrie-Struktur des Films beigetragen, weil die große Frage nach dem Vertrauen seit der ersten Begegnung mit Shinzon eine wesentliche Rolle in "Nemesis" einnimmt. So hätte man als Zuschauer Picards Unentschlossenheit und Angst besser zu spüren bekommen. Denn durch die Warnung von Worf würde Picard mehr Vorsicht walten lassen. So wären die Romulaner in allen folgenden Szenen ein Stück zwiespältiger geworden und das Ende, wo diese sich plötzlich auf der Seite der Föderation vorfinden, wäre überraschender ausgefallen. Auch hätte diese Szene Picards Unsicherheit gesteigert und ihn in eine interessante Situation gebracht, da er nun sowohl auf Shinzon als auch auf die Romulaner Acht hätte geben müssen. Das Vertrauensdilemma wäre in Picard viel stärker zum Ausdruck gekommen, was der Spannung des Films gut getan hätte. So aber stellen die Romulaner in der Endfassung des Films keine wirkliche Bedrohung dar.

"A Loss of Self"

Picard und Troi gehen einen Gang der "Enterprise" entlang, wobei Troi Picard Ratschläge erteilt, wie er mit der Situation umgehen sollte, nun einen Klon vorzufinden. Picard ist sehr verwirrt.

Diese sehr kurze Szene hätte den Film emotionaler gemacht. So greift sie Picards Rede in der Hochzeitszeremonie auf, wo er Troi für ihre Ratschläge all die Jahre dankt. Hier sieht man eine typische Szene aus der Glanzzeit von "Das nächste Jahrhundert", wo Marina Sirtis endlich wieder in ihrer alten Troi-Rolle zu sehen ist. Das Aufgreifen und Bestätigen eines Sachverhalts aus einer früheren Szene hätten den Film wiederum ein wenig in sich geschlossener und harmonischer gemacht und nicht zuletzt wäre Picards Unsicherheit gegenüber Shinzon deutlicher und fesselnder zum Ausdruck gekommen. Auch hier wirklich schade.

"Turbolift Violation"

In dieser Szene betritt Deanna den Turbolift und findet kurzerhand Shinzon vor, der mit ihr telepathisch in Verbindung steht und versucht, sie auf der geistigen Ebene zu vergewaltigen. Stuart Baird war dieser Szene abgeneigt, weil man nicht zwei Vergewaltigungsszenen verwenden wollte und sich letzten Endes für die mit William Riker im Bett entschied.

Auch hier klares Kopfschütteln, zumal zwei Szenen Deannas Reaktion verständlicher gemacht hätten. So ist eine Szene schlicht zu wenig, um Mitleid beim Zuschauer zu wecken. Also hätte es dieser bedurft, zumal sie die bessere der beiden ist. Stuart Baird ist auch hier kein guter Charakter-Regisseur, denn Marina Sirtis schauspielt auch in dieser Szene unter Bairds Leitung ungewohnt schlecht.

"Sickbay Prepares for Battle"

Diese geschnittene Szene wirkt auf den ersten Blick überflüssig, doch eigentlich darf auch auf diesen kleinen Charaktermoment zwischen Beverly und Picard nicht verzichtet werden, der Erstere auf der Krankenstation besucht und feststellt, dass es leider nicht mehr darum geht, neues Leben zu entdecken. Außerdem ruft Beverly Picard in Erinnerung, dass Shinzon nicht er ist. Diese Szene verdeutlicht die tiefe Beziehung zwischen Beverly und Picard und darf in einem Abschlussfilm nicht fehlen. Außerdem wird die Unsicherheit Picards gegenüber Shinzon abermals deutlicher. Dennoch: Der Wegschnitt dieser Szene ist bei weitem nicht so tragisch wie der restlicher entfallener Szenen.

"Advice for the New First Officer"

Dies wäre ein alternatives Ende geworden. So wird der neue Erste Offizier der "Enterprise-E", Commander Martin Madden (gespielt von Steven Culp), vorgestellt. Dieser erbittet von Riker einige Tipps im Umgang mit Captain Picard. Riker, der gerade im Bereitschaftsraum sich von Picard offiziell verabschiedet hat, legt Madden auf sehr hinterlistige und gleichzeitig lustige Art und Weise rein. Damit nicht genug, bekommt Picard einen neuen Sessel installiert - mit Sicherheitsgurt. Am Ende fährt die Kamera aus der Brücke und man sieht die "Enterprise-E" wegfliegen.

Diese Szene ist deutlich besser als die vorhandene in der Endfassung. Sie ist länger, lustiger und vor allem rundet sie den Film viel besser ab. Noch einmal die Brücke der "Enterprise-E" und das Schiff wegfliegen zu sehen, sich als Zuschauer sozusagen ein letztes Mal von der Crew und dem Schiff verabschieden zu dürfen - das versteht man unter einem würdigen Ende."Leider sind nicht alle geschnittenen Szenen auf der DVD enthalten, aber man kann davon ausgehen, dass die meisten davon gute Charaktermomente wie die aufgeführten sind. Überhaupt fällt auf, dass die meisten dieser Szenen dazu dienen, Picards Unsicherheit gegenüber Shinzon zum Ausdruck zu bringen. Durch sie hätte der Picard/Shinzon-Konflikt fesselnder werden können als er in der finalen Version ist. All diese geschnittenen Szenen sind ausnahmslos gute Charaktermomente, die dem Film mehr Leben und Tiefgang eingehaucht hätten. Auch wäre die Symmetrie-Struktur des Films durch diese Szenen größtenteils erhalten geblieben und der Film hätte harmonischer gewirkt. Auch wenn die Anzahl der auf der DVD veröffentlichten, gelöschten Szenen nicht groß ist, diese hätten aus "Nemesis" letzten Endes aber einen besseren Film gemacht.

John Logan

In den nicht verwendeten Szenen sprüht es geradezu vor Emotionen und Wärme, abgerundet durch teils wirklich gelungene Dialoge, weshalb man John Logan nicht all zu schlecht darstellen sollte. Er kann letzten Endes nichts für die verunglimpfte Version seines Drehbuchs. Man merkt aber auch hier: Logan ist kein guter Action-Schreiber. Viele Actionszenen (auch teils die finale Raumschlacht) bestechen durch Ideenarmut und Voraussehbarkeit, während die geschnittenen Charakterszenen (und die wenigen aus der Endfassung des Films) wiederum sehr gelungen sind.

Einer der größten Fehler seitens Logan ist die zu oberfläche Handlung des Films. Die gelöschten Szenen auf der DVD betreffen hauptsächlich nur die Crew-Mitglieder der "Enterprise-E", doch was ist mit den Romulanern und mit dem Picard/Shinzon-Konflikt, die beide geradezu nach Tiefgang schreien? So kratzt "Nemesis" nach wie vor nur an der Oberfläche. Logan hat hierbei also versäumt, das Potenzial der Filmthematik voll auszureizen. So gesehen entsteht mit den nicht verwendeten Szenen durchaus ein besserer Film als dies in der Endfassung der Fall ist, doch die Verbesserung hätte größer ausfallen können, es fehlt nach wie vor Tiefe an vielen Stellen des Films.

Ein weiteres Problem ist die Einfachheit der Handlung. Ein paar Wendungen hier und da hätten sicherlich der Spannung gut getan. So aber ist der Film durchwegs voraussehbar.

Auch steht die Action in "Nemesis" allgemein ziemlich lose im Raume und man wird das Gefühl nicht los, dass Logan zuerst einen Charakterfilm schreiben wollte und Rick Berman und Stuart Baird später ihre Action hereinsetzten. Man merkt dem Film deutlich an, dass die Mischung nicht stimmt. Die Action- und Charaktermomente unterstützen sich nicht gegenseitig und dies ist ebenfalls eine große Schwäche des Films.

Rick Berman

Einen (schlechten) Action-Regisseur für einen charakterlastigen Film sowie einen (guten) Charakter-Schreiber für einen auf Action ausgelegten Film zu engagieren ist einer der größten Fehler, die "Star Trek"-Chef Rick Berman unterlaufen sind. Die erwähnten metaphorischen "Nebenflüsse" des "Nemesis"-Stroms sind daher hauptsächlich fehlplatzierte Actionsequenzen - noch seichtere Gewässer - und genau aus diesem Grunde fehlt dem Film in der Endfassung jeglicher Tiefgang und jegliches Leben.

Fazit

Die wenigen geschnittenen Szenen auf der DVD hätten aus "Star Trek Nemesis" durchaus einen besseren, emotionaleren und an manchen Stellen tiefgründigeren Film gemacht, doch reichen diese nicht aus, um die Hauptschwäche des Films, den dünnen und voraussehbaren Plot, komplett auszubügeln. So bleibt "Nemesis" mit den nicht verwendeten Sequenzen weiterhin ein durchschnittlicher Actionfilm. Er wäre mit den entfernten Szenen ein noch immer bei weitem nicht überzeugender, aber zumindest ein noch annehmbarer Abschluss für die "Das nächste Jahrhundert"-Ära geworden. Note 4+

Kauftipp?

Ein Kauftipp kann nicht ausgesprochen werden. Mehr als 20 Euro für einen in der Endfassung miserablen Film auszugeben, ist nicht gerechtfertigt. Die Anzahl der auf der DVD veröffentlichten Szenen, die geschnitten wurden, ist zu gering, um den Kauf zu rechtfertigen. Zwar sind die restlichen Special Features (lesen Sie bitte weiter unten) sehr gut, aber auch deren geringe Anzahl rechtfertigt keinen Kauf. Daher der Tipp: Videotheke.

DVD-Infos (von "Amazon.de" - bestellen unter diesem Link)

o Sprachen: Deutsch (Dolby Digital 5.1) Englisch (Dolby Digital 5.1, Dolby Digital 2.0)
o Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch
o Bildformat: 2.35:1
o Dolby, Surround Sound, Widescreen
o Laufzeit: 116 Minuten
o DVD Erscheinungstermin: 17. Juli 2003
o Produktion: 2002

Special Features:

o Audio-Kommentar von Regisseur Stuart Baird
o "Neue Herausforderungen": Stuart Baird über die Regie von Nemesis;
o "Eine mutige Vision über die letzte Grenze"
o "Die letzte Reise einer Star-Trek-Familie"
o "Roter Alarm: Die Action von Nemesis"
o 8 geschnittene Szenen
o Fotogalerie

(sl); STVC-Meldung vom 28.07.2003; Quelle: