Als wir auf die "Star Trek"-Spiele des Jahres 2000 zurückblickten, so mussten wir eine relativ durchwachsene Bilanz ziehen, was die Qualität und den Erfolg der erschienen Titel anbelangte. Hatte das erste Jahr des neuen Milleniums mehr zu bieten?


Zum Jahreswechsel 2000/2001 war der Aufwärtstrend zu spüren. Sowohl "Activision" als auch "Simon & Schuster" hatten durchaus gute Titel wie "Armada", "The Fallen" oder "Elite Force" herausgebracht und die Aussichten für das neue Millenium waren durchwegs positiv. Während Activision mit "Away Team" einen grundsoliden Titel in der Mache hatte, befand sich mit "Bridge Commander" ein absoluter Toptitel in der Entwicklung und auch "Dominion Wars" war den Screenshots und Gameplay-Infos nach ein heißer Kandidat für reichlich Lorbeeren. Doch nichts verlief wie erwartet...

Nichts, bis auf die Entwicklung von "Away Team", wie man fairer Weise sagen muss. Die Echtzeit-Taktik, die "Activision" beim Newcomer "Reflexive" in Auftrag gegeben hatte, erschien pünktlich im März 2001 (der Release-Termin, der von Anfang an angepeilt worden war) und bot genau das, was der Hersteller versprochen und die Fans erwartet hatten: Einen "Trek"-Clone von Eidos' Taktik-Hit "Commandos". Dass der Titel mit seiner 2D-Engine relativ unspektakulär aussah und die Synchronisation lieblos dahingeschlampt wurde, änderte nichts daran, dass "Away Team" solide Taktik-Kost bot, zumal die abwechselungsreichen Missionen, die spannende Story und die vielfältigen taktischen Möglichkeiten das "Trek"-Universum bis zum letzten auszukosten schienen. Obwohl "Away Team" sicher nicht an die Qualität und an den Erfolg der Konkurrenten "Desperados" und "Commandos" heranreichte, war der Titel sowohl für die Fans als auch für "Activision" zufriedenstellend (auch wenn die Verkaufszahlen sicherlich nicht überragend waren).

Nicht ganz so viel Glück hatte "Activision" mit seinen übrigen "Trek"-Projekten: Das erst im März angekündigte "Expansion Pack" zum Hit-Ego-Shooter "Elite Force" wurde im Mai sehr unterschiedlich aufgenommen. Während Fachzeitschriften das Add-On wegen seiner zu kurzen Spielzeit zerrissen und viele Fans des Originals "Activision" bloße Abzocke vorwarfen, konnten einige andere durchaus gefallen an dem Paket finden, das "Raven Software" (zugegeben in Windeseile) zusammengeschnürt hatte.

Das Zauberwort hieß dabei Recycling, denn das wichtigste Feature der Erweiterungs-CD (und für viele Nicht-Hardcore-Fans leider auch das unwichtigste) war der Tour-Modus, bei dem man frei die einzelnen Decks der "Voyager" erforschen konnte. Was sich in der Theorie natürlich wie ein wahrgewordener Fan-Traum anhörte, entpuppte sich jedoch als Mogelpackung: Zum einen war (natürlich) nicht das ganze Schiff, sondern nur Teile begehbar, zum anderen waren diese einfach aus dem Hauptprogramm entnommen und logisch aneinander gereiht. Dass man auf dem Schiff kleinere Aufgaben zu erledigen hatte, änderte nichts am Eindruck, ein Level-Designer hätte dieses Add-On nach Feierabend gebastelt und dann bei "Raven" in eine Gehaltserhöhung umgewandelt. Da sich die beiden Holodeck-Missionen als äußerst kurz entpuppten, bekam Otto-Normal-Spieler (abgesehen von der neuen Multiplayervariante und zusätzlichen Maps) nicht gerade viel für sein Geld, wahre Fans konnten aber dennoch mit dem Programm zufrieden sein.

Wie zufrieden die Fans mit "Borg Assimilator" gewesen wären, wird die Welt dagegen nie herausfinden. Ebenfalls erst im Mai zur Spielemesse E3 angekündigt, sollte das von "Cyberlore" ("Majesty", "Mechwarrior 4"-Add-On) entwickelte Aufbauspiel eine Art "Siedler" im All werden, nur dass man statt knuddelliger Wuselwesen die Borg auf die Assimilation einzelner Planetenoberflächen ansetzte. Obwohl sich dieses Konzept auf den ersten Blick interessant anhörte, kamen aus dem Fandom jedoch viele Unkenrufe und auch die peinlichen Screenshots, die Activision bereits in diesem sehr frühen Entwicklungsstadium veröffentlichte, sorgten nicht gerade für Euphorie. Da Cyberlore zudem einige konzeptionelle Hürden in Bezug auf Gameplay und Missionsdesign hatte, wurde das Projekt kurzerhand von "Activision" in ein schwarzes Loch verbannt. Schade.

Ebenfalls nicht viel Glück hatte "Activision" mit seinem Prestige-Projekt "Bridge Commander", dem nach "Elite Force" wohl zweiten richtig teuren, aber auch richtig vielversprechenden Blockbuster. Nur kurz die Fakten: Eine Simulation, die das komplette Kommando eines Sternenflottenschiffes beinhaltet, angefangen von Transport, Erkundungs- und Forschungseinsätzen bishin zu ausgewachsenen Kämpfen - all das mit einerseits größtmöglichen Freiheiten, andererseits aber einer spannenden Story von der alten Autoren-Veteranin DC Fontana. Entwickelt wird das Ganze vom Weltraum-Papst Larry Holland (schuf die komplette "X-Wing"-Reihe) persönlich und seine Firma "Totally Games" hat dieses Mal sogar eine superschicke Grafikengine lizensiert. Ganz klar das Spiel des Jahres 2001 oder nicht?

Nein, wohl eher nicht, obwohl das nicht an mangelnder Qualität lag, sondern vielmehr daran, dass der Titel auch nach über einem Jahr Verspätung noch immer nicht erschienen ist. Was den Fan jetzt natürlich ärgert ("Warum brauchen die Entwickler auch so lange?"), dürfte vor allem der "Activision"-Chefetage gehörig aufstoßen, denn eigentlich sollte der "Bridge Commander" zur Rettung des Weihnachtsgeschäftes erscheinen - auch wenn dafür der Multiplayermodus dran glauben sollte.

Doch was Larry Holland den Kollegen von "Gamesmania" auf der E3 noch so nebenbei erzählte, sorgte im Internet für wahre Proteststürme. Mail-Kampagnen wurden gestartet, die Boards mit Protest-Bekundungen zugenagelt und sogar Boykottaufrufe gab es, da viele Fans bereits Clans gegründet hatten und daher den Multiplayermodus als wichtigstes Element ansahen. Nach ersten Ausreden, das Spiel sei immer primär ein "Solo-Erlebnis" gewesen und habe nur nebenbei einen Mehrspielermodus gehabt, beugte sich die Firma dem Fan-Druck und die Verschiebung auf das Frühjahr 2002 (eventuell sogar Sommer) deutet nun daraufhin, dass an diesem Multiplayer-Teil schon länger nicht mehr gearbeitet worden war... Aber vielleicht lohnt sich ja das Warten? Wir meinen ja!

Denn das "Activision" solide Spiele produzieren kann, das bewies man nicht zuletzt mit "Armada 2". Dass ein Nachfolger zum Überraschungshit "Armada" aus dem Jahre 2000 vorprogrammiert war, hatten wir ja schon oft geschrieben, wie viele kleine Neuerungen das Programmierteam aber letztlich einbaute, überraschte schon: Ein 3D-Terrain im Format einer Pizzaschachtel (sprich nicht so "tief" wie bei "Homeworld", aber daher auch nicht so verwirrend), massig neue Einheiten (darunter "Galaxy"- und "Intrepid"-Klassen) und Technologien, ein erweitertes Ressourcen-System sowie mit den Cardassianern und Spezies 8472 zwei neue, voll spielbare Rassen. Auch wenn man nicht viel an der Grafik arbeitete, so wurden dafür um so mehr Arbeit in die Missionen investiert, die Kampagnen bieten nun deutlich mehr Spielzeit. Klar, "Armada 2" ist kein völlig anderes Spiel, aber auch kein Mission-Pack zum Vollpreis, wie es andere Hersteller leider oftmals handhaben.

Hersteller wie beispielsweise "Interplay"? Erinnern wir uns, "Starfleet Command 2" war erst zum Jahreswechsel 2000/2001 erschienen, mit nicht funktionstüchtigem Dynaverse-Modus (der aber eines der wichtigsten Verkaufsargumente war) und massig Bugs, die teils bis heute noch nicht gelöst sind. Und doch kündigte Interplay mit "Orion Pirates" bereits im Februar ein allein lauffähiges Add-On an. Um der Marketingsprache ein wenig auf die Schliche zu kommen: Der in ständiger Finanznot befindliche Hersteller wollte kurz vor Abgabe der "Trek"-Lizenz noch einmal absahnen und entschied, den Programmcode vom Hauptprogramm unverändert mit anderen Rassen (den Orion Piraten), neuen Missionen und dem endlich funktionierenden Dynaverse-Modus für fast den Vollpreis in den Laden zu stellen. Was andere Hersteller als 30-DM-Missions-CD nachliefern, wollte "Interplay" also kurzerhand als eigenständiges, zweites Spiel verkaufen. Dass man dafür das Hauptprogramm nicht mehr brauchte, war quasi belanglos, da wahre Fans dies ja ohnehin schon hatten...

Es roch also sehr nach Abzocke, was "Interplay" da im Frühsommer auf den US-Markt brachte und es ist gut so, dass "Virgin" die "Orion Piraten" in dieser Form nie auf die Käufer losgelassen hat. Statt dessen gibt es sie im Paket mit den ersten beiden Hauptprogrammen seit Dezember quasi als kostenlose Beilage. Vielleicht stimmt das die Käufer freundlicher, wenn im neuen Jahr der "Playstation 2"-Shooter "Shattered Universe" erscheint? In diesem ebenfalls verschobenen Spiel übernehmen sie jedenfalls einen wendigen, kleinen Kampfjäger und verteidigen die "USS Excelsior" (unter Hikaru Sulu) im bösen Spiegeluniversum.

Der dritte Hersteller im Trek-Reigen, der aber nun keine Lizenz mehr hat (angeblich verzichtete man auf einen dritten Titel), war "Simon & Schuster". Die Firma, die mit "The Fallen" im November 2000 ein sehr gutes, aber leider schwer geflopptes Action-Adventure auf den Markt gebracht hatte, nutzte seine "Deep Space Nine"-Lizenz für ein Weltraum-Strategical mit reichlich Action. Ursprünglich sollte "Dominion Wars" bereits mit "The Fallen" im Jahr 2000 erscheinen (und dann zum erfolgreicheren der beiden Titel ein Nachfolger entwickelt werden), doch man entschied sich dem Newcomer "Gizmo Studios" ein halbes Jahr mehr Zeit zu geben. Zum Glück.

Die Idee hinter "Dominion Wars" hörte sich dabei sehr gut an: Im Rahmen des Dominion-Krieges sollte man auf Seiten der Föderation oder des Dominion bis zu sechs Schiffe in die Schlacht führen. In einer Art Mischung aus "Armada" und "Starfleet Command" sollte sich das Micro-Management in Grenzen halten, Aufbau-Elemente sollten wegfallen und statt dessen handfeste Weltraumaction sowie taktische Kämpfe im Vordergrund stehen. Die Grafik sah schick aus und das "Deep Space Nine"-Universum sollte für spannende Missionen sorgen.

Doch dem war nicht so: Die Grafik hatte eine feste Auflösung von 800x600 Bildpunkten und wirkte pixelig und undetailliert, die Missionen waren vom Aufbau her langweilig und oftmals leicht durch Tricks zu lösen. Vor allem misslungen war aber die Story, war sie doch quasi nicht existent: Die einzelnen Missionen hatten keinen Zusammenhalt und spielten lediglich einige Szenarien aus der Serie nach, wenn auch oft in primitiver Form, sprich, es mussten einfach alle Gegner eliminiert werden.

Obwohl man mit "Dominion Wars" für ein Spielchen zwischendurch durchaus warm werden konnte, war der Titel aufgrund seines fehlenden Tiefgangs und geringen Umfangs wohl eher eine Enttäuschung - kein Wunder also, dass sich "Simon & Schuster" nun nur noch mit der "Farscape"-Lizenz bemüht.

Insgesamt war das Jahr 2001 aber ein gutes Jahr für Trekgames und mit "Activision" als alleinigem Lizenzinhaber sollte auch für 2002 einiges zu erwarten sein: Zunächst einmal steht zwar nur "Bridge Commander" ins Haus, doch auch ein Nachfolger von "Elite Force" könnte sich durchaus auf die PC-Festplatte beamen, sobald "Raven" mit "Jedi Knight 2" fertig ist ...

Titel
Hersteller
Genre
Erschienen
Wertung
"Armada 2"
Activision
Strategie
November
83%
"Away Team"
Activision
Strategie
April
78%
"Elite Force: Expansion Pack"
Activision
Action
Mai
Keine Wertung
"SFC 2: Orion Pirates"
Interplay
Strategie
Juni
70%
"Dominion Wars"
Simon&Schuster
Strategie
September
68%
"Borg Assimilator"
Activision
Strategie
Eingestellt
Keine Wertung

Redakteur: Patrick Streppel