Als wir zuletzt vor einem Jahr eine Bestandsaufnahme der TV-Phantastik machten, blickten wir noch durchaus in eine vielversprechende Zukunft. Mit "Andromeda", "Enterprise" und "Farscape" waren drei hochwertige Serien auf scheinbar längere Zeit gesichert. Doch die Gegenwart sieht alles andere als sicher aus...

Mit "Firefly", "Ice Planet" und "Legend of the Rangers" kündigten sich gleich drei neue Projekte an. Die Realität sah jedoch ganz anders aus: "Enterprise" und "Andromeda" kämpften mit fallenden Quoten, "Farscape" und "Firefly" wurden eingestellt und "Ice Planet" sowie "Legend of the Rangers" gingen gar nicht erst in Serie. Steckt die Sciencefiction in der Krise? Hier die Odyssey 2002.

"Babylon 5": Nur eine Legende

Fast schon wieder vergessen scheint der gescheiterte Neuanfang und das offensichtlich endgültige Ende von "Babylon 5". Mit dem TV-Film "Legend of the Rangers" hatte der amerikanische "Sci-Fi Channel" versucht, das in den Wiederholungen sehr erfolgreiche Franchise wiederzubeleben. Bei Erfolg des TV-Films, so hieß es, sei eine neue Serie denkbar, entsprechend wurde die Geschichte rund um neue Charaktere sowie eine fiese, neue Bedrohung angelegt. Doch aus bis heute unverständlichen Gründen sendete der "Sci-Fi Channel" den Film gegen ein großes Footballspiel, so dass die Quoten entsprechend bescheiden ausfielen. Kurzum: "Legend of the Rangers" wurde nie als Serie in Auftrag gegeben. Was die Fans natürlich zutiefst enttäuschte, war dem Schöpfer relativ gleichgültig: JMS dreht in Kanada die zweite Staffel seiner Endzeit-Serie "Jeremiah", die hoffentlich bald auch in Deutschland zu sehen sein wird.

"Ice Planet": Erfroren auf dem Eisplaneten

Ebenfalls nicht über den Pilotfilm hinausgekommen ist das deutsche (!) SF-Projekt "Ice Planet" der "H5B5 Media AG". Die Firma unter Leitung des "Welt der Wunder"-Moderators Hendrik Hey war nach ihrem Börsengang im Jahr 2000 an das wohl ambitionierteste Serienprojekt in Deutschland herangegangen – mit dem Ziel, amerikanischen SF-Serien den Rang abzulaufen. Doch weder die 10 Millionen Euro teure Eislandschaft noch die aufwendigen CGI-Effekte - beides entstand übrigens in München - konnten helfen, den Film an den Mann zu bringen. Und noch bevor die H5B5 mit einem kanadischen Partner die eigentliche Serie produzieren konnte, ging das deutsche Unternehmen in Insolvenz. Erfroren auf dem Eisplaneten, sozusagen. Regulär ausgelaufen nach Staffel vier ist derweilen "Lexx - The Dark Zone", jene gewagte SF-Trash-Serie, die zwar in Deutschland und Kanada produziert wird, aber ausgerechnet in ihren Ursprungsländern schon lange nicht mehr zu sehen ist.

"Firefly": Schon vorbei

Es scheint fast so, als hätte die Glückssträhne von Joss Whedon im Jahre 2002 doch letztlich gelitten: Während "Buffy" deutlich an Quote verloren hat und mit der siebenten Staffel enden wird, fand die entsprechende Zeichentrickserie kein Zuhause. Wirklich, wirklich Pech hatte aber Whedons neuestes und wohl aufregendstes Werk, der SF-Western "Firefly". Alleine für die Mischung aus klassischem Western, Humor, Raumfrachtern ohne Waffen, zwischenmenschlichen Beziehungen und keinen (!) Aliens konnte man vorab den Innovationspreis 2002 vergeben und viele in der Branche glaubten, dass es "Firefly" gelingen würde, ähnlich herauszuragen wie einst "Buffy". Doch in Wahrheit stand das Projekt unter keinem guten Stern. Nachdem der US-Sender FOX erst 13 Episoden für die Mitte der neuen Saison, also Anfang 2003, geordert hatte, drängten die Verantwortlichen nach der Einstellung von "Dark Angel" auf einen Launch im September. Zugleich aber lehnte FOX den Pilotfilm ab und schaltete kaum Werbung für die neue Serie. Obwohl "Firefly" die wohl beste SF-Serie des Jahres war, schaffte sie es nicht, sich unter diesen Bedingungen auf dem ohnehin problematischen Freitag-Abend-Sendeplatz zu behaupten, so dass FOX die bereits georderten 13 Episoden nicht erweitern ließ und die Serie nach so kurzer Zeit klanglos verschwand. Zur Zeit existieren zwar Petitionen, die Serie beim "Star Trek"-Sender UPN unterzubringen, der ja bereits "Buffy" ausstrahlt und auch an "Angel" Interesse bekundet hat, die eigentliche Produktion wurde aber eingestellt. Auf dem Abschiedsessen soll Joss Whedon gesagt haben, dass er noch nie so stolz auf seine Arbeit gewesen sei wie im Fall von "Firefly". Recht hat der Mann!

"Farscape": Chrichton im Wurmloch

Jetzt ist nicht nur John Chrichton in einem Wurmloch verschollen, sondern gleich die ganze "Farscape"-Serie, lange Zeit Quotenzugpferd und bis zuletzt Kritikerliebling wurde vom US-Sender "Sci-Fi Channel" mit Ende der vierten Staffel überraschend eingestellt - und das, obwohl die Serie im Vorjahr noch in einem Atemzug um Staffel 4 und 5 erweitert worden war. Mit der Begründung, "Farscape" hätte seine Quoten nicht ausreichend steigern (!) können, um das Budget der Serie zu rechtfertigen, nutzte der "Sci-Fi Channel" eine Klausel im Vertrag, um das bereits gesicherte, fünfte Jahr wieder zu streichen. Die Scharen von Fans und hohen Kritikermeinungen waren den Verantwortlichen in Anbetracht des Geldes zu viel, zumal der US-Sender mit "Stargate" scheinbar einen neuen Quotenliebling an Land gezogen hat. Während Richard Dean Anderson und sein Team (jetzt wieder inklusive Michael Shanks als Daniel Jackson) für ein volles, siebtes Jahr zurückkehren, sind alle Rettungsversuche für "Farscape" gescheitert. Weder eine neue Staffel noch einen neuen Film wird es nach jetzigem Stand geben, auch nicht bei einem anderen Sender. Der "Sci-Fi Channel" verlor dieses Jahr also mit "Farscape", "Lexx" und "Legend of the Rangers" insgesamt drei Serien.

"Kampfstern Galactica": 2003 das Jahr der Rückkehr?

Neben der zweiten "Dune"-Miniserie, die ab Mai die Geschehnisse aus Frank Herberts zweitem und drittem Wüstenplanet-Roman erzählt, hat der "Sci-Fi Channel" aber noch ein weiteres SF-Projekt in der Mache, das durchaus positiv klingt: Die Neufassung von "Kampfstern Galactica", Glen "Knight Rider" Larsons SF-Serie aus den 80ern. Doch weder der Produzenten-Veteran noch Darsteller Richard Hatch (spielte im Original Apollo) zeichnen sich für das seit langem im Orbit kreisende Prestige-Projekt verantwortlich, sondern Ronald D. Moore, ehemaliger Autor und Produzent von "Deep Space Nine" und "Roswell". Nach dem Ausscheiden von "X-Men"-Regisseur DeSanto und der damit verbundenen Einstellung eines vorherigen Projekts war Moore mit einer Neufassung beauftragt worden, d.h. im Gegensatz zu DeSanto soll die Geschichte der "Galactica" nicht 20 Jahre in der Zukunft weitergeführt, sondern von Anfang an neu erzählt werden, was natürlich nicht nur manchen Fan, sondern vor allem auch Darsteller wie Richard Hatch auf die Palme brachte, der nach der Ablehnung seines eigenen Projekts zumindest auf Gastauftritte als gealterter Apollo gehofft hatte. Ob Moores Neufassung die großen Fußstapfen auch ohne Teilnahme der ursprünglichen Mitwirkenden ausfüllen kann, werden wir ab Herbst des nächsten Jahres erfahren - das offizielle Grünlicht hat die 4-teilige Miniserie jedenfalls im Dezember bekommen.

"Andromeda": Wiederholt sich das Schicksal?

Nach der Einstellung von "Mission Erde" mit der fünften und absolut schlechtesten Staffel ist "Andromeda" mittlerweile die einzige Roddenberry-Serie im US-TV. Doch in ihrem mittlerweile dritten Jahr haben die Abenteuer von Captain Hunt und seiner Crew nicht mehr viel mit dem Konzept Roddenberrys, noch den Ideen des Entwicklers und ehemaligen Chef-Autoren Robert Hewitt Wolfe gemeinsam. Nachdem das Commonwealth, das einstig langfristige Ziel der Serie, am Ende von Staffel 2 aus dem Nichts heraus gegründet worden war und die Bedrohung durch die Magogg mit einem Male in Vergessenheit geraten ist, irrt die "Andromeda" von Folge zu Folge durch wirre Einzelhandlungen, in denen alles über Bord geworfen wird, was bislang als oberste Regel galt. Das Commonwealth beispielsweise entpuppt sich nicht gerade als die Vereinigung, die sich Dylan erwünscht hat und so kehrt er ihr langsam den Rücken zu. Was die Macher als dramatische Wende verkaufen wollen, wirkt gegenüber dem Zuschauer einfach nur unglaubwürdig, da es den Idealen des Commonwealth und dem Charakter Dylans völlig widerspricht. Was dessen Darsteller, Kevin "kann alles" Sorbo, als Vereinfachung der Serie beschreibt, kommt - da sind sich Kritiker und Fans ausnahmsweise einig - einer Verdummung gleich, denn die Drehbücher der Einzelepisoden sind voll von Nahkämpfen und "coolen" Sprüchen, entbehren oft aber jeder Logik. Wer sich an das Schicksal von "Mission Erde" erinnert, wird zudem der Schauer bei folgender Meldung überkommen: "Tribune" hat im Dezember bekantgegeben, dass sie für Staffel 4 das gesamte Autorenteam ersetzen werden...

"Enterprise": Sturzflug ins Ungewisse

Doch zumindest was die Quoten anbelangt, geht es "Enterprise" nicht besser. Da mögen Kritiker und Fans die Serie noch so hoch loben, die Quoten sinken stetig. Obwohl die zweite Staffel sicherlich auch einige schlechte Episoden hatte, kann die Qualät dabei aber nur kaum ein Maßstab sein, denn die Drehbücher sind insgesamt von hoher Qualität - wenn auch nicht gänzlich neu im Vergleich zu "Das nächste Jahrhundert" oder "Raumschiff Voyager". Der selbst gestellte Anspruch von Brannon Braga und Rick Berman, mit "Enterprise" neues Territorium am "Star Trek"-Himmel aufzustoßen, ist trotz des neuen Settings also insgesamt gescheitert. So beschrieb nicht zuletzt die "New York Times" "Enterprise" als Dinosaurier unter den SF-Serien - oder liegt das Problem gar tiefer? Mit dem enttäuschenden Ergebnis von "Star Trek Nemesis" an den Kinokassen glauben manche "Star Trek" in der Kriese - oder gar die ganze Sciencefiction?

Fakt ist, das kommende Jahr wird für SF-Fans keinesfalls ergiebig werden. "Andromeda" und "Enterprise" sind die einzigen Serien, die noch auf Sendung sind und selbst diese beiden haben mit starken Problemen zu kämpfen. Abgesehen von der "Kampfstern Galactica"-Miniserie sind zur Zeit keine Projekte angekündigt, die die entstandenen Lücken füllen können. Bleibt nur die Hoffung auf 2004.

Redakteur: Patrick Streppel