Vor zwölf Monaten warfen wir zuletzt einen Blick zurück und sowohl das Resümee für 2001 als auch die Vorschau waren vielversprechend. Nach der Flut mittelmäßiger Titel verschiedener Hersteller kündigte sich durch die Lizenz-Alleinherrschaft von "Activision" eine kleine, aber feine Auswahl an neuen Trekgames an. Wurden die Erwartungen erfüllt?

Ja – um knapp die Antwort vorwegzunehmen, doch egal wie fein sich die Auswahl an neuen Titeln gestalten sollte, so klein fiel sie letztendlich auch aus. Ganze zwei Titel erschienen in 2002, nur ein einziger ist bislang für 2003 angekündigt. Sehnt sich da nicht manch einer an die Zeit zurück, in der jeden Monat ein Trekgame erschien?

Nicht ganz, denn zumindest waren "Star Trek: Bridge Commander" und "Starfleet Command 3" qualitativ hochwertige Titel, die zwar nicht unbedingt die Spielefachpresse oder eine breite Käuferschicht, dafür aber umso mehr die vielen Fans begeistern konnten. Vor allem "Totally Games", den Machern von "X-Wing" und "Tie Fighter", gelang es im April mit "Bridge Commander" ein graphisch ansprechendes, intelligentes und vor allem atmosphärisch dichtes Trekgame zu entwickeln, welches das Gefühl, Captain eines Sternenschiffes zu sein, besser vermittelte als je ein anderer Titel zuvor – also das Prinzip von "Star Trek".

Und während sich so mancher Spieletester darüber ärgerte, dass er bei abwechselungsreichen Einsätzen und spannenden Kämpfen nicht mehr zu tun bekam als ein paar Mausklicks auszuführen, freute sich der "Star Trek"-Fan gerade über diese Authentizität. Die "Enterprise" wurde – von einer einzigen, eher peinlichen Ausnahme abgesehen – eben nicht wie ein Kampfjäger vom Captain per Joystick gesteuert, sondern vom Steuermann mittels Kurseingaben, die wiederum aus den Befehlen des Kommandanten hervorgingen. So lief denn auch das Schema in "Bridge Commander" ab: Statt mit Hotkeys, Pfeiltasten und/oder Joystick das Schiff im Alleingang zu führen, gibt der Spieler per Mausklick Anweisungen an seine Brückenoffiziere weiter. Der Waffenoffizier visiert auch Wunsch-Subsysteme an, der Steuermann legt den Verfolgungskurs fest, der Ingenieur verteilt die Energie und der Wissenschaftsoffizier scannt das Einsatzgebiet. Klar, dass der erste Offizier mit klugen Ratschlägen zur Seite steht und auch die Kommunikation mit anderen Schiffen nicht fehlen darf – kein Spiel versetzte jemals so detailgetreu in den Stuhl des Captains.

Detailtreue stand auch bei "Starfleet Command 3" im Vordergrund, das im November die Händlerregale erreichte. Entwickelt von "Taldren", den Entwicklern der Vorgängertitel, erschien der nunmehr vierte Teil der Serie (wenn man das Stand-Alone-Add-On "Orion Pirates" mitrechnete) bei "Activision". Angesiedelt im "Das nächste Jahrhundert"-Universum, gab es eine Kampagne wahlweise auf Seiten der Klingonen, Romulaner oder Föderation zu bewältigen, der endlich auch eine vernünftige Storyline zu Grunde lag. Die Borg bekamen ebenfalls einen Gastauftritt, was vor allem im Mehrspielermodus für einen Heidenspaß sorgte: Wenn die Klingonisch-Föderierte Allianz mit fünf Schiffen gegen einen Kubus antritt, kommt die Stimmung des achten Kinofilms auf.

Doch abgesehen von den Borg sowie komplett neuen Schiffen hielten sich die Änderungen in Grenzen: Das Interface war zwar leicht vereinfacht, aber immer noch recht komplex, die Grafik wurde leicht aufgepeppt, basiert aber immer noch auf der alten Engine und die Kämpfe sind noch immer so taktisch anspruchsvoll, aber auch immer noch so zäh wie bei den Vorgängertiteln. Während Fans der Serie sich also freuen dürfen über das selbe, anspruchsvolle Gameplay und die Verbesserungen in Punkto Story und Grafik, werden Durchschnittsspieler eher zu actionreicheren Titeln greifen.

Actionreich, dieses Schlagwort wurde im Bereich der Trekgames vor allem von einem Titel geprägt: "Elite Force", der Ego-Shooter auf Basis der "Raumschiff Voyager"-Lizenz, den Entwickler "Raven Software" mit Hilfe der "Quake 3 (Q3)"-Engine entwickelte und sowohl bei Fans als auch der Fachpresse breite Begeisterung auslöste. Eine hübsche Grafik, nette Level und eine spannende Geschichte waren die größten Pluspunkte, auf denen auch im zweiten Teil aufgebaut werden soll. Statt "Raven", die zur Zeit an "Quake 4" sowie einem weiteren, nicht angekündigten Titel arbeiten, zeichnet sich dieses Mal "Ritual Entertainment" ("Sin", "Heavy Metal FAKK2") für die Entwicklung verantwortlich. Obwohl wieder die Q3-Engine zum Einsatz kommt, macht der Titel einen grafisch deutlich besseren Eindruck, was auch an den neuen Außenlevels liegt. Ohnehin ist die "Voyager" nur noch der Ausgangspunkt der Reise, denn nach deren Rückkehr aus dem Delta-Quadranten wird das "Hazard Team" auf die "Enterprise-E" versetzt. Die Romulaner, so heißt es, spielen nicht nur im neuen Kinofilm, sondern auch in "Elite Force 2" eine wichtige Rolle – voraussichtlich ab Frühjahr auf dem PC.

Wie es nach diesem Zeitpunkt weitergeht, ist wie schon vor einem Jahr, kurz vor dem Release von "Bridge Commander", ungewiss. Mit "Starfleet Command 3" und "Elite Force 2", die kurz zuvor erschienen sind bzw. bald erscheinen werden, ist es unwahrscheinlich, dass diese Serien in Kürze einen weiteren Nachfolger bekommen werden. Andererseits hat sich "Activision" in den Jahren, in denen es die Lizenz für "Star Trek"-Spiele hält, durchaus auch andere Franchises aufgebaut, die einen Nachfolger verdient hätten: Die Strategiespiele "Armada" 1 und 2 haben sich beide sehr gut verkauft, so dass wir mit Sicherheit mit einem "Armada 3" rechnen können, aber auch "Bridge Commander" oder das eher glücklose "Away Team" – jetzt vielleicht in 3D? – kämen für einen Nachfolger in Frage. Oder "Activision" betritt zur Abwechselung mal wieder Neuland: Ein rundenbasiertes Weltraumstrategiespiel im Stil von "Birth of the Federation" wird von vielen Fans gewünscht und mit den "Call to Power"-Entwicklern hätte "Activision" gleich das richtige Team zur Hand. Auch ein Spiel zum neuen Kinofilm oder ein Rollenspiel wären im reichhaltigen "Star Trek"-Universum denkbar.

Wie dem auch sei: Wichtigstes Kriterium ist für "Activision" die Qualität ihrer Titel und das sollte jeden Fan freuen.

Redakteur: Patrick Streppel